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Interview: Ready for Red
Ungefähr 50% der Weltbevölkerung menstruiert regelmäßig. Warum denkt ihr, ist das Thema trotzdem so vielen Menschen peinlich?
erdbeerwoche: Ob wir es glauben oder nicht: Die Menstruation ist eines der letzten Tabus unserer Gesellschaft. Obwohl es die natürlichste Sache der Welt ist, haben viele Menschen Hemmungen, darüber zu sprechen oder verbinden mit dem Thema Ekel. Mit "Schuld" daran hat auch die Werbung, die uns jahrzehntelang versucht hat, vorzugaukeln, dass Menstruationsblut blau und nicht rot ist und Frauen am liebsten während ihrer Regel in weißen Gewändern über Blumenwiesen springen. Das hat mitunter dazu beigetragen, dass viele die Monatsblutung wie sie wirklich ist, nämlich blutrot und für viele Frauen mit Schmerzen verbunden, als abstoßend empfinden.
Ich erlebe oft, wie sich erwachsene Frauen im Geschäft mit Tampons verhalten als wären sie Undercover-Ermittler und wollten unbedingt geheim halten, dass sie menstruieren. Sind wir schlechte Vorbilder?
erdbeerwoche: Jede Frau und jeder Mann kann dazu beitragen, das Thema zu enttabuisieren, etwa indem er oder sie ganz entspannt und offen darüber spricht und sich auch nicht hinter dem Tamponregal im Supermarkt versteckt. Auch wenn einer Frau ein Tampon aus der Tasche fällt, braucht ihr das nicht peinlich zu sein - schließlich ist es ein Tampon und keine illegale Droge, die es zu verstecken gilt!
Viele Mädchen erleben ihre erste Regelblutung als einschneidendes Erlebnis. Liegt das an der schlechten Aufklärung?
erdbeerwoche: Zum Teil vermutlich schon. Wir haben im Frühling 2017 eine Umfrage unter 1.100 Jugendlichen durchgeführt, bei der wir festgestellt haben, dass der Großteil der Mädchen eine negative Einstellung zu ihrer Regel haben und die meisten auch über wesentliche biologische Vorgänge wie den Zyklus nicht wirklich Bescheid wissen. Wenn ein junges Mädchen zum 1. Mal die Regel bekommt, würde es schon helfen, wenn es genau Bescheid weiß, was da gerade passiert und wie es damit umgehen soll. Deshalb starten wir von der erdbeerwoche im Herbst 2017 mit unserem Schulprojekt, in welchem wir die Aufklärung zu Menstruation und Monatshygiene mittels einer digitalen Lernplattform vorantreiben.
Wie stark mindern Regelschmerzen die schulische Leistung?
erdbeerwoche: Das kann von gar nicht bis sehr stark gehen. In unserer Umfrage unter 1.100 Jugendlichen haben wir festgestellt, dass 88% der Mädchen unter Menstruationsbeschwerden leiden, rund 30% haben Bauchkrämpfe und viele davon können deswegen ihren (schulischen) Alltag in diesen Tagen nicht richtig bestreiten. Uns ist es ein Anliegen, Mädchen darüber aufzuklären, was sie gegen diese Schmerzen tun können, an wen sie sich wenden können. Außerdem sollen sie wissen, dass sie mit dem Thema nicht allein sind und dass es hilft, wenn sie mit Vertrauenspersonen darüber sprechen.
Welche Tipps würdet ihr jungen Mädchen mit starken Regelschmerzen geben?
erdbeerwoche: Sprecht mit einer Person eures Vertrauens über eure Schmerzen. Das kann die Mutter, die beste Freundin, eine Lehrerin oder die Schulärztin sein. Wenn ein Mädchen so starke Schmerzen hat, dass sie in dieser Zeit nicht wirklich dem Unterricht folgen kann und regelrecht außer Gefecht gesetzt ist, sollte sie unbedingt den Frauenarzt aufsuchen und sich professionelle Hilfe holen. Gegen leichte Regelschmerzen helfen oft Wärme, Kräutertee, leichte Bewegung und Entspannung.