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Wenn nichts mehr Spaß macht...
Wann hat man eine Depression?
Jeder ist mal antriebslos und überfordert. Wenn es ganz schlimm wird, denken viele an eine mögliche Depression. Ab wann diese Diagnose aber erst berechtigt ist und wie man damit umgeht, hat uns eine Psychologin verraten.
Dass man sich depressiv fühlt, ist schnell dahin gesagt. Dahinter steckt aber mehr als Stress und Überforderung. Mag. Christine-Sophie Hechtl ist Klinische- und Gesundheitspsychologin und Beraterin bei Rat auf Draht. Sie hat uns erklärt, was genau eine Depression bei jungen Menschen ausmacht.
Woran erkennt man Depressionen im Jugendalter?
Prinzipiell nähern sich die Merkmale einer Depression im Jugendalter denen im Erwachsenenalter an. Generell und damit auch bei Jugendlichen ist es wichtig zu differenzieren: Ist es eine normale Reaktion auf die Situation jetzt gerade oder ist es tatsächlich eine Depression? Denn die einzelnen Merkmale einer Depression können in Wahrheit bei jedem von uns in bestimmten Situationen auftreten, da ist niemand davor gefeit. Und von einer Depression spricht man wirklich erst dann, wenn viele dieser Merkmale über Wochen nahezu täglich zu beobachten sind. Wenn das der Fall ist, empfiehlt sich natürlich eine Expertin oder einen Experten hinzuzuziehen und sich Unterstützung zu holen. Die einzelnen Merkmale sind zum Beispiel:
- Traurigkeit ohne konkreten Anlass
- deutlich vermindertes Interesse und Freudlosigkeit an fast allen Aktivitäten, die man normalerweise schon als angenehm empfunden hat
- ein Rückzug von Freunden und Familie
- Energielosigkeit
- geringer Antrieb
- das Gefühl, keine Kraft zu haben
- Konzentrationsprobleme, wodurch Schwierigkeiten in der Schule entstehen können
- unbegründete Schuldgefühle
- Verlust von Selbstvertrauen
- Veränderungen im Essen und Schlafen in beide Richtungen - sowohl Appetitlosigkeit als plötzlich vermehrtes Essen, Einschlafprobleme oder dauerhafte Müdigkeit
- Suizidgedanken, vermehrte Gespräche darüber
- Gefühl der Unruhe
- Gereiztheit, aggressives Verhalten, geringere Frustrationstoleranz
- das andauernde Gefühl einer Hoffnungslosigkeit, innere Leere
Gibt es bei depressiven Jugendliche noch spezielle Symptome?
Das Umfeld bzw. der Rahmen, in dem depressive Symptome auffallen bzw. auswirken ist ein anderer als bei Erwachsenen, nämlich die Lebenswelt der Jugendlichen. Spezifisch für junge Erkrankte kommen also die Probleme in der Schule dazu, durch die Konzentrationsschwierigkeiten, durch den Rückzug.
Spezielles Kennzeichen für das Jugendalter ist auch die Pubertät - als Herausforderung mit all ihren Schwierigkeiten und Veränderungen -, die sich natürlich auch auswirken und einzelne von diesen Symptomen hervorrufen kann. Aber da ist wieder diese Differenzierung total wichtig: Wie lange besteht das Symptom? Wie stark treten diese Gefühle auf? Sind sie in Kombination mit anderen Merkmalen da? Wichtig ist auch hier die Unterscheidung zwischen einer Belastung durch die Veränderungen in der Pubertät oder tatsächlich einer Depression. Eine Depression ist auch dadurch zu erkennen, dass bei diesen Gefühlen, die über Wochen bestehen, auch nicht wirklich eine Normalisierung oder eine Besserung dazwischen stattfindet. Dass es überdauernd stabil ganz furchtbar ist und das über eine lange Zeit und in verschiedenen Bereichen. Die Grenzen zwischen depressiv und konkret wegen einer Situation belastet zu sein, sind zwar fließend, die Unterscheidung ist aber dennoch sehr wichtig.
Was tun, wenn ich merke, ich bin depressiv?
Allein dieser erste Schritt, selbst zu erkennen, dass man Unterstützung braucht, dass man es so nicht mehr aushalten mag, ist schon der bahnbrechendste. Wenn man diese Einsicht hat, dass sich etwas ändern muss und dass man sich auch nicht erklären kann, warum das gerade so ist, wäre es wichtig sich jemandem anzuvertrauen. Liegt eine tatsächliche Depression vor, ist diese gut behandelbar, braucht aber Unterstützung von außen, von professionellen Fachleuten. Das vermitteln wir auch unseren KlientInnen bei 147 Rat auf Draht.
Kann man Tendenzen zur Depression früherkennen und so einen Ausbruch verhindern?
Das ist eine sehr spannende Frage. Ich könnte mir vorstellen, dass es auch darum geht, aufmerksam zu sein. Schon bei Schulkindern - wenn sie öfter berichten, dass sie sehr traurig sind, wenn es Impulsdurchbrüche gibt, wenn die Schulleistungen abnehmen. Das muss alles kein Zeichen für eine Depression sein, aber das sind einfach Signale, bei denen man sich fragen sollte, was dahinter steckt bzw. was der/die Betroffene braucht, damit es ihm/ihr wieder besser geht. Generell ist es wichtig, für sich selber Strategien zu entwickeln, wenn es einem nicht gut geht. Auch die sind ganz individuell, von sportlichem Ausgleich über etwas Kreatives - malen, schreiben - bis hin zu einfach darüber reden, wenn einen etwas beschäftigt. Oder eine Kombination aus allem. Wichtig ist, für sich selbst individuell Wege zu finden, wie man mit belastenden Situationen und Dingen, die einen beschäftigen, umgeht.
Kann man einen Trend ausmachen, ob sich Depression unter Jugendlichen mehr ausbreitet?
Über Suizid nachzudenken und zu sprechen ist Zeichen für eine massive Belastung. Auch im Rahmen einer Depression kann es vorkommen, dass man an Suizid denkt. In den letzten Jahren haben wir gemerkt, dass die Kontaktaufnahmen in den verschiedenen Beratungskanälen von 147 Rat auf Draht (Telefon, Online und Chat) zum Thema Suizidgedanken massiv gestiegen sind. Auf der Webpage von 147 Rat auf Draht findet sich auch zum Thema Suizidgedanken ein umfassender Artikel, mit Infos, Tipps und dem Bericht einer jungen Frau, die 147 Rat auf Draht durch eine schwierige Phase ihres Lebens begleitet hat.
Wie kann ich helfen, wenn ich merke, dass jemand in meinem Umfeld depressiv ist?
Wichtig ist auch da, aufmerksam zu sein, da zu sein, aber auch auf die eigenen Grenzen zu achten. Man mag seinen Freunden natürlich helfen - das zeichnet einen ja auch aus, dass man für sie da sein mag -, aber oft braucht es noch eine zusätzliche Unterstützung. Es ist wichtig, Erwachsene einzubeziehen. Zum Beispiel kann man die betroffene Freundin/den betroffenen Freund motivieren, sich an die Eltern zu wenden, das vielleicht auch gemeinsam tun oder auch Lehrer zu informieren. Also auch Helfer aus dem Freundeskreis sollten mit der Belastung nicht allein bleiben, nicht diese ganze Verantwortung auf sich nehmen, sondern andere Leute miteinbeziehen. Auch als sich kümmernde/r FreundIn muss man auf sich achten.